[Gelesen] Ein wirklich erstaunliches Ding

Rezensionsexemplar | Kunst im öffentlichen Raum – manchmal nimmt man sie wahr, aber häufig gehen wir doch einfach an ihr vorbei. Genau so ein Moment krempelt in Hank Greens Debütroman Ein wirklich erstaunliches Ding das Leben der 23-jährigen Graphikdesignerin April May komplett um: Auf den Straßen New Yorks entdeckt sie die Skulptur eines Roboters. Um dieses vermeintliche Kunstprojekt zu würdigen, filmen sie und ihr bester Freund ein kurzes Video zu Carl, wie sie den Roboter nennen, welches sie auf YouTube stellen – und am nächsten Morgen ist nichts mehr wie zuvor. 63 weitere Carls sind quasi über Nacht auf der ganzen Welt aufgetaucht, ihr Video ist viral und in aller Munde. Wie geht man mit so einer Situation um? Und was hat es nur mit den Carls auf sich?

Hank Green: Ein wirklich erstaunliches Ding

Hallo, Carl!

Ähnlich wie April Mays Video plötzlich große Wellen schlägt, so schlug auch 2017 die Nachricht wie eine Bombe ein: Hank Green, Bruder des Autoren John Green und ein Teil der Vlogbrothers, wird ein Buch herausbringen. Nach der anfänglichen Begeisterung ist das Buch aber für ich gefühlt irgendwie aus dem Fokus verschwunden, und ich bin erst wieder durch die deutsche Veröffentlichung darüber gestolpert. Und dabei klingt die Ausgangssituation doch bereits genau nach einem Ding für mich!

„Carl, bewegungslos, massiv und bei Berührung merkwürdig warm. Ein drei Meter großer Roboter, den die New Yorker offenbar nicht sonderlich spannend finden.“ | S. 24

Die Carls haben mich immer wieder stark an den zweiten Band der Themis Files, Giants – Zorn der Götter, erinnert, wobei sie allerdings rasch in den Hintergrund treten und eigentlich mehr Mittel zum Zweck als Mysterium sind. Denn um die 64 Skulpturen und Mysterium entspannt sich rasch eine geladene Auseinandersetzung, die vor allem digital ausgetragen wird. Alle Welt spekuliert, wieso, weshalb, warum, woher diese Skulpturen aufgetaucht sind und lechzt nach Antworten – und die sozialen Netzwerke laufen dabei heiß.

A digital girl in a digital world

April May gehört mit ihren 23 Jahren zu der Zwischengeneration, zu der ich auch zähle. Den Boom der digitalen Welt und wie diese immer mehr und mehr teil des Alltags wird, haben wir mitbekommen, aber wir sind noch nicht damit aufgewachsen wie die Generation nach uns. Das allein ist schon super spannend, und die Art, auf der sich Green dem Thema dadurch annähert, hat mir sehr gut gefallen. April hat zwar schon privat einige soziale Netzwerke ausprobiert, aber durch das plötzliche Bekanntwerden durch ihr Video muss sie sich viel intensiver mit diesen Netzwerken und welche Regeln dort gelten auseinandersetzen. Man merkt, dass Green für diese Thematiken aus seinen eigenen Erfahrungen schöpfen kann und Ahnung hat von dem, was er da schreibt. Dinge wie Branding, Marketing oder Interaktion mit Trollen müssen peu à peu gelernt werden, und dabei läuft mitnichten alles glatt. Immer wieder merkt April selber beim Erzählen der Geschichte an, dass sie an jener Stelle falsch reagiert hat oder teils süchtig nach der Anerkennung ihrer Follower war. Sie ist halt doch nicht nur die Marke April May, sondern eben auch ein Mensch, der Fehler macht.

Klopf, klopf

Zwar hatte ich eher eine Geschichte um die Carls erwartet, aber dieses fast spielerisch nebenbei vermittelte Wissen um Social Media fand ich großartig. Trotzdem habe ich mich zwischenzeitlich gefragt, wo die Geschichte eigentlich hin möchte. Die Carls und mit ihnen April und die Clique um sie sind eine Zeit lang in aller Munde, aber irgendwann flaut nun mal jede Geschichte wieder ab. Nur um sich ausführlich mit dem Danach zu beschäftigen waren es doch zu wenig Seiten, die ich noch vor mir hatte. So ist es irgendwie wenig überraschend, dass sich zum Ende hin die Ereignisse anfangen zu überschlagen und es gefühlt plötzlich endet. April warnt einen direkt im ersten Satz vor den Ereignissen des 13. Kapitels, wobei ich das 23. Kapitel fast noch als drastischer empfand und es gibt in den zwei darauf folgenden Kapiteln keine Antworten. Gefühlt entlässt einen Green mit einem riesigen Fragezeichen, und ich bin gespannt, wie es hier im zweiten Band weitergehen wird – denn eigentlich fängt die Geschichte jetzt erst so recht an.

Die Carls waren mehr als mein Leben – sie waren meine Identität geworden. | S. 208


Weitere Eindrücke zum Buch findet Ihr bei I am Jane, The Book Dynasty, Noch mehr BücherKillMonotony und misshappyreading.


BUCHDETAILS | ANZEIGE

GEBUNDENES BUCH: 448 SEITEN | ORIGINALTITEL: AN ABSOLUTELY REMARKABLE THING | AUS DEM ENGLISCHEN ÜBERSETZT VON KATARINA GANSLANDT | ERSTER BAND EINER DILOGIE | VERLAG: BOLD (28.02.2019) | ISBN: 978-3423790406  | BOLD HAT MIR FREUNDLICHERWEISE EIN REZENSIONSEXEMPLAR ZUR VERFÜGUNG GESTELLT, WAS MEINE MEINUNG ALLERDINGS NICHT BEEINFLUSST. |MEINE BEWERTUNG: 4/5

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