Seit 2017 gibt es die Serie The Handmaid’s Tale, die auf dem gleichnamigen Klassiker von Margaret Atwood basiert. Schon als die ersten Bilder und der Trailer zur ersten Staffel erschienen, war ich beeindruckt und neugierig auf diese Geschichte. Allerdings wollte ich im Vorfeld gerne das Buch lesen, was sich dann doch etwas hingezogen hat bis Ende Dezember 2019. Ein paar Tage habe ich das Buch dann noch sacken lassen, bevor es an die erste Folge ging – und nach dieser war ich bereits so gefesselt, dass ich alle drei bisherigen Staffeln im Januar gebinged habe.

Ein Blick aus dem Abgrund
Die erste Staffel von The Handmaid’s Tale folgt noch recht stark dem Buch, danach wird es etwas loser: In einer nicht allzu fernen Zukunft existiert auf dem Gebiet der USA der totalitäre Staat Gilead. Frauen werden hier in strenge Rollen unterteilt, und haben kaum noch rechte, am allerwenigsten die Mägde, die mehr oder weniger nur als Geburtsmaschinen ob ihrer Fruchtbarkeit angesehen werden. Offred ist solch eine Magd, und man sieht auf der einen Seite ihren jetzigen Alltag und auf der anderen Rückblenden zum Davor, und wie die Gesellschaft so kippen konnte. Bei Offred findet sich gleich eine der größten Stärken der Serie, denn Elisabeth Moss ist einfach großartig! Häufig verharrt die Kamera einfach auf ihrem Gesicht, und sie spielt nur mit ihrem Ausdruck unglaubliche Emotionen, die teilweise durch inneren Monolog begleitet werden. Es gibt daneben noch einige weitere, meist weibliche Charaktere, die man über alle drei Staffeln begleitet und die aus unterschiedlichen Lagern stammen. Klar gibt es noch weitere Mägde, die mal mehr, mal weniger gut ihre Situation annehmen, aber gerade Tante Lydia und Serena Joy, die Frau des Commander Waterford, stechen noch besonders hervor. Sie sind durch ihre Rollen -Tante, Ehefrau- privilegiert, und zeigen absolut keine Skrupel gegenüber den Mägden, wobei gerade Serena immer wieder in ihrem Verhalten gegenüber Offred hin und her wechselt.
Gewalt in allen Formen
Die Serie zeichnen neben den Charakteren, die aber zu einigen Teilen bereits von der Vorlage vorgegeben werden, noch einige weitere Dinge aus, die einen Sog erzeugen. Zum einen wirkt sie recht hochwertig und mit Liebe zum Detail, gerade in den Bildern, gemacht: Dadurch, dass die Frauen je nach Rolle eine bestimmte Farbe und Schnitt tragen, eignen sie sich für Gruppeneinstellungen, die unter die Haut gehen und den Unterschied zu Davor hervorheben. Offred bemerkt dabei selber auch, dass das ganze Uniformen ähnelt, und das stimmt total! Die erste Staffel bindet zudem in jeder Folge einen Song ein, der entweder Themen der Folge aufgreift oder als komplettes Gegenteil unterstreicht, was da gerade schief läuft – und meine Playlist hat dadurch einige tolle neue Ergänzungen erhalten.
Now I’m awake to the world. I was asleep before. That’s how we let it happen. When they slaughtered Congress, we didn’t wake up. When they blamed terrorists and suspended the Constitution, we didn’t wake up then either. They said it would be temporary. Nothing changes instantaneously. In a gradually heating bathtub, you’d be boiled to death before you knew it. | Zitat aus S1E3
Was die Serie allerdings auch auszeichnet, und nicht immer leicht anzusehen ist, ist die gezeigte Gewalt. So ein Staat wie Gilead kann nicht ohne Gewalt existieren, und diese kommt in vielerlei Formen und Abstufungen. Offred und die anderen Frauen erleben sowohl physisch als auch psychisch Grausamkeiten, die in der Serie deutlich explizierter eingebunden werden als in der Vorlage. Das wirklich gruselige dabei? Irgendwann erwartet man fast förmlich die nächste Eskalation, und ist mehr geschockt, wenn diese dann doch mal ausbleibt, als über das teils gezeigte. Wobei das eigentlich gut die Konditionierung zeigt, die Gilead vornimmt, den die Gewalt wird im Alltag der Frauen fast schon zur Normalität.
Die Welt ist eine fragile Seifenblase
Ist The Handmaid’s Tale eine Serie, die man unbedingt gesehen haben muss – gerade wenn man die enthaltene Gewalt bedenkt? Man sollte sich sicherlich bewusst sein, dass es sich hier um eine düstere, dystopische Geschichte handelt, die Frauen alles andere als positiv gegenüber eingestellt ist, aber zumindest die erste Staffel würde ich ohne zu zögern empfehlen. Mit den späteren Ereignissen haben sich die Schreiber teils an die Wand geschrieben, viel wiederholt sich bzw. Offred wirkt fast schon unantastbar, aber ähnlich wie das Buch regt The Handmaid’s Tale zum Nachdenken an und zeigt in aller Brutalität wie fragil unsere Gesellschaft eigentlich ist.
Weitere Eindrücke zur Serie gibt es bei seriesly AWESOME, Thrill & Kill und nobody knows. Die Trailer zu den einzelnen Staffeln findet Ihr hier: Staffel 1 | Staffel 2 | Staffel 3