Vor einigen Tagen ist die Miniserie Freud auf Netflix erschienen: In acht Folgen findet sich hierin der titelgebende berühmte Begründer der Psychoanalyse in einer mörderischen Verschwörung im Wien des Jahres 1886 wieder, in der unter anderem die Kunst der Hypnose und das Unterbewusstsein eine große Rolle spielt. Der Monolog im Trailer hat mich direkt gefesselt, und obwohl ich mir nicht ganz sicher war, was diese Serie genau sein möchte -Mysteriethriller, historisches Drama, Biopic, was ganz anderes?-, habe ich sie dann doch innerhalb weniger Tage durchgeschaut. Nur wie war sie im großen und ganzen, die Sprechstunde bei Doktor Freud?
Das war gut
Bei deutschsprachigen Produktionen habe ich immer etwas Schwierigkeiten, aber in Freud kam ich ganz gut rein. Die Produktion ist hochwertig und hält, was der Trailer verspricht: Viel spielt sich im nächtlichen Wien ab, was ein grandioses Spiel mit Licht und Schatten erlaubt, und mehrere Handlungsstränge laufen nach und nach ineinander. Dabei geht es von der Kanalisation bis hoch an den kaiserlichen Hof, was in den Kostümen und der Sprache der Charaktere aufgegriffen wird – und apropos Sprache: So wohl Dialekt als auch einiges an Ungarisch kommt vor.
Verbotene Gedanken, Erinnerungen, die wir nicht im Licht sehen wollen… sie tanzen um uns herum in der Dunkelheit. Sie spuken, sie flüstern – sie machen uns Angst.
Neben Freud, der sich ein wenig in die Hypnoseforschung verrannt hat, folgt man zwei Polizisten, die einen grausigen Mord aufklären müssen, sowie einem mysteriösen Medium, das mit Séancen die Oberschicht in seinen Bann zieht, und jeder Handlungsstrang fasziniert. So hat man teils Krankenhausdrama, Krimi und Mysterythriller, was gerade durch die durch die Bank guten Schauspieler gut getragen wird.
Das war weniger gut
Was relativ schnell im Laufe der ersten Folge klar wird: Die Serie Freud hält sich nur sehr vage an die Realität. Netflix hat zwar noch das kleine Video Wer war Sigmund Freud wirklich? veröffentlicht, aber die Serie erinnert insgesamt doch stark an The Raven – Prophet des Teufels. Sobald man das akzeptiert hat, fällt es auch leichter die teils wirre Handlung hinzunehmen. Hypnose spielt eine große Rolle, und so schnell, wie einige Charaktere hier in Trance fallen, ist fast schon lachhaft. Generell werden einige Figuren sehr überzogen, um nicht zu viel erklären zu müssen -die Bösen sind böse, die Obrigen deppert, neue Erkenntnisse aus Prinzip zu hinterfragen-, dafür geht es aber bei den drei Hauptpersonen mehr in die Tiefe. Ich hätte mir trotzdem gewünscht, dass die Handlung etwas gestraffter wäre: Ein, zwei Folgen weniger hätten Freud gut getan, zeitweise verliert sich der rote Faden oder die Charaktere drehen sich unnötig im Kreis. Ein paar einleitende Worte bezüglich der Situation von Ungarn hätten vielleicht auch nicht geschadet, weil es so ohne Vorwissen schwierig zu verstehen ist, warum manche Charaktere tun, was sie denn tun.
Fazit
Wenn man sich von einer realitätsnahen Darstellung verabschiedet und sich auf die leicht übernatürlich angehauchten Abgründe der Psyche einlässt, kann man seinen Spaß mit der Miniserie zu Freud haben. Ein Bedürfnis nach einer weiteren Sprechstunde oder Verlängerung der Serie stellt sich zwar nicht ein, aber es ist eine solide Produktion, in der man allerdings einen starken Magen haben sollte – Blut und Verstümmelungen gibt es genauso inklusive wie nackte Frauen und Männer.
