[Rückblick] Oktober 2018

Wenn ich dem Oktober dieses Jahr einen Beinamen geben müsste, wäre es irgendwas in Richtung der ‚Abbrecher‘. Ich kann mich wirklich nicht daran erinnern, jemals zuvor so viel abgebrochen zu haben. Dafür bin ich aber mal wieder etwas aus dem Quack gekommen und habe doch noch einiges gelesen bekommen, darunter ein paar neue Herzensbücher sowie -natürlich!- jede Menge Comics und Manga.

Höhepunkt: The Golem and the Jinni
Tiefpunkt: Wink Poppy Midnight
Hörbücher: I’m Thinking of Ending Things | The Golem and the Jinni The Hike | City of Ghosts | The Seven Deaths of Evelyn Hardcastle | Dead Air | Geek Actually
Gelesene Seiten: ca. 3.764
Ø Bewertung: 2,65
 / 5 

Fangen wir mit den Abbrüchen an, denn fünf Titel wollte ich schlussendlich ab einem  gewissen Punkt nicht mehr weiter lesen. Bei A Little Life könnte ich mir zumindest noch mal vorstellen, es in einigen Jahren wieder zu probieren, denn das erste Viertel mochte ich eigentlich gerne. Das Problem ist nur, dass den Charakteren so viel schlimmes geschieht und es dadurch ein sehr herunterziehendes Buch ist. Und wenn man ein gutes Jahr lang nicht weiterlesen mag, macht es irgendwann keinen Sinn mehr aus weiter als aktuelle Lektüre mitzuschleppen, oder?

Von Geek Actually hatte ich mir eigentlich locker-leichte Unterhaltung gewünscht, und „a sexy, geeky contemporary women’s fiction series that follows the lives of five diverse, nerdy women as they navigate work, love, life, and the internet“ hört sich im ersten Moment super an. Leider haben mich die Charaktere in der ersten Episode aber direkt furchtbar genervt, vor allem Aditi. Aufgaben aufschieben ist eine Sache, davor weglaufen eine ganz andere und wenn man einen guten Kompromiss angeboten bekommt, dann nimmt man den doch an?! Für Erwachsene Frauen haben sich alle fünf ziemlich kindisch aufgeführt.

Bei Dr. Jekyll und Mr. Hyde war ich etwas zwiegespalten, ob ich durchpowere oder nicht, da es eigentlich sehr kurz ist, aber es ist einfach nur öde? Dieser Klassiker hat wirklich das Problem, dass man die Zusammenhänge bereits kennt und die Geschehnisse nicht mehr ihre volle Wirkung entfalten. Dazu war der Schreibstil sehr langatmig und altmodisch.

Mit Meet Cute habe ich es mal wieder vergeblich mit einer Kurzgeschichtensammlung probiert. Das Konzept der ersten Begegnungen fand ich toll, nur die ersten vier Geschichten konnten einfach nicht zünden. So schade, denn Potential wäre da gewesen! Aber ich habe momentan keine Lust mich durch Titel durchzuquälen. So auch nicht bei The Wicked Cometh, welches eine düstere Geschichte um zwei Frauen im viktorianischen London sein sollte. Seit Monaten verschwinden Menschen in der Stadt, ein Mysterium, welches eigentlich die Geschichte antreiben soll und doch nur am Rande Erwähnung findet.. Viel mehr im Fokus steht Hester und ihr Treffen mit Rebekah und es ist einfach alles sehr konstruiert? Hester hat eine tragische Hintergrundgeschichte und gehört eigentlich gar nicht in die Slums, sodass ein Unfall ihr Glück im Unglück wird; Rebekah passt mit ihrer Art nicht in die enge patriarchale Welt und bekommt ebenfalls noch ganz viel Tragik in die letzten Monate geschrieben. Dass sich vielleicht mehr zwischen den beiden anbahnen könnte, wird mit dem Holzhammer vermittelt, und funktioniert für mich nicht – es ist einfach keine Chemie zwischen den Frauen und Hester lügt Rebekah dazu an. Danke, nein.

Rückblick | Oktober 2018
Zusammensetzung: 7 Printbücher; 2 Manga; 4 Comics; 6 Hörbücher; 2 Gedichtbände; 5 abgebrochene Titel

An Comics und Manga habe ich bis auf Infidel nur Fortsetzungen verschlungen, von denen eigentlich alle recht gut waren. Der dritte Band von Monstress hat mich zwar nicht mehr komplett von den Socken gehauen wie die beiden Vorgänger, aber es wird eine Menge für die kommenden Ereignisse vorbereitet. Vielleicht wirkt das später im Rückblick besser? Innocent ist gewohnt blutig-grausig, und ich bin wirklich gespannt, wie diese Reihe in nur noch zwei Bänden zu Ende geführt wird. Marie-Antoinette ist immer noch nicht in Frankreich und somit ist die Revolution auch noch in weiter, weiter Ferne. The Wicked + The Divine bereitet allmählich auch sein Ende vor und liefert endlich mal ein paar Antworten, Saga macht, was Saga immer macht: Es reißt einem das Herz raus und geht mit einem ordentlichen Knall in die Pause.

Alle verschlungenen Titel des Monats:
Drew Magary: The Hike Bewertung: 4,5/5 | Beitrag
Dan Gemeinhart: Scar Island Bewertung: 2/5
P. Pichetshote; A. Campbell; J. Villarrubia: J. Powell: Infidel Bewertung: 4/5 | Eindruck
Ian Reid: I’m Thinking of Ending Things Bewertung: 1/5
Amanda Lovelace: To Make Monsters Out of Girls Bewertung: 2/5
Marjorie M. Liu; Sana Takeda: Monstress, Vol. 3: Haven Bewertung: 3/5
Victoria Schwab: City of Ghosts Bewertung: 2/5
Diverse: Geek Actually. The Complete Season One abgebrochen
G. Bond; R. Caine; C. Ryan: Dead Air. The Complete Season 1 Bewertung: 4/5  | Eindruck
Brian K. Vaughan; Fiona Staples: Saga, Vol. 9 Bewertung: 5/5
Gillen; McKelvie; Wilson: The Wicked + the Divine, Vol. 7 Bewertung: 4/5
Hanya Yanagihara: A Little Life abgebrochen
Diverse: Meet Cute: Some People Are Destined to Meet abgebrochen
Robert Louis Stevenson: Dr. Jekyll und Mr. Hyde abgebrochen
Lily Anderson: Undead Girl Gang Bewertung: 3/5
Shin’ichi Sakamoto: Innocent 6 Bewertung: 4/5
 Shin’ichi Sakamoto: Innocent 7 Bewertung: 5/5
Dmitry Glukhovsky: TEXT Bewertung: 3,5/5 | Beitrag
Anne Carson: If Not, Winter. Fragments of Sappho Bewertung: 5/5
Helene Wecker: The Golem and the Jinni Bewertung: 5/5
Karuna Riazi: Paheli. Spiel um alles oder nichts Bewertung: 4/5
Stuart Turton: The Seven Deaths of Evelyn Hardcastle Bewertung: 2/5  | Eindruck
April Genevieve Tucholke: Wink Poppy Midnight Bewertung: 1/5
Laura Carlin: The Wicked Cometh  abgebrochen
Emilie Autumn: The Gown Bewertung: 1/5
Gazdanov & Others: Four Russian Short Stories Bewertung: 4/5

“Every time I get nervous or scared, I remind myself that every good story needs twists and turns. Every heroine needs an adventure.” ― Victoria Schwab: City of Ghosts

[Gelesen] The Hike

Eigentlich will Ben nur etwas Zeit vor einem Geschäftstermin totschlagen, und einen kleinen Wanderpfad im ländlichen Pennsylvania begehen – eine fatale Idee, wie sich bald herausstellt, denn dieser Pfad ist kein gewöhnlicher. Gemeinsam mit Ben findet sich der Leser in einem surrealen Alptraum von Wandertrip wieder, bei dem sprechende Krabben, Riesen, Trugbilder, Dämonen und spanische Seefahrer nur die Spitze des Eisbergs sind. Und dabei möchte der Protagonist in Drew Magarys The Hike nur eins: Wieder nach Hause kommen.

The Hike

Folge dem Pfad von A nach B, erfülle Aufgaben, besiege die Bösewichte und am Ende bist du frei. Kommt einem als Formel irgendwie bekannt vor, oder? Nicht ohne Grund wird im Klappentext bereits auf Videospiele verwiesen, und Karo hat sich in ihrem Eindruck zum Buch auf Fiktion fetzt. auch direkt an „Adventure-Computerspiele à la Monkey Island“ erinnert gefühlt. Dieses Gefühl kommt vor allem durch die Dialoge und Lösungen für Probleme auf, die teils herrlich abstrus und doppeldeutig sind und eins zu eins aus einem Thimbleweed Park oder Edna bricht aus stammen könnten. Wenn man Spiele dieser Machart kennt, auf jeden Fall ein guter Ansatz um festzustellen, ob man sich überhaupt mit Ben gemeinsam diesen Pfad antun mag. Auf dem Pfad selbst lauern allerlei Gefahren, die teilweise in Richtung Horror schwanken, wobei der Humor dazu ein starkes Gegengewicht ist und es eigentlich nur an ein, zwei Stellen mal etwas gruseliger wird.

Der Dreh- und Angelpunkt der Handlung ist Ben, ein Familienvater mittleren Alters, an dem eigentlich nichts besonderes ist, von einer Narbe aus Jugendtagen mal abgesehen. Ich mochte ihn sehr, weil er gefühlt wirklich ein alltäglicher, realistischer Charakter ist, der auch durchweg verständlich reagiert und auf seinem Weg wächst. Denn so viel sei verraten, mit Ben verbringt man wirklich viel Zeit auf dem Pfad, und das nicht nur, was die Seitenzahl anbelangt. So gradlinig, wie sich das ganze anhört -dem Pfad schlicht bis zum Ende folgen- ist es dann nämlich doch nicht. Abkürzungen? Vergiss es. Nach Hause telefonieren? Ist nicht. Ben muss sich den Regeln des Pfads komplett unterwerfen, quasi als Hauptquest den sogenannten Producer finden und dabei irgendwie am Leben bleiben. Bekommt man da nicht direkt selbst Lust wandern zu gehen?

The Hike

Glücklicherweise bleibt Ben nicht die ganze Zeit auf sich allein gestellt, sondern bekommt mit Crab, Fermona und Cisco tolle Nebencharaktere an die Seite gestellt. Gerade mit Crab hätte ich noch viel mehr Szenen lesen können, weil diese Krabbe einfach genau sagt was sie denkt und so herrlich griesgrämig ist! Über die Ereignisse auf dem Pfad mag ich gar nicht zu viel sprechen, allerdings schägt die Handlung immer wieder Haken und der Twist zum Schluss tanzt genau auf der feinen Linie zwischen genial und wiederum zu viel.

„Don’t you find it remarkable that you were born into such a wondrous time in history? The most advanced technological civilization in the history of the universe. The richest country in that civilization. The most advanced species on that lucky little planet of yours. […] Doesn’t that strike you as unfathomably lucky?“ | S. 268

Wie das immer so ist bin ich nur rein zufällig über The Hike gestolpert, und Schuld trägt dabei das außergewöhnliche Cover: Was Will Sweeney (Illustrationen) und Paul Buckley (Design) da zusammengestellt haben, ist einfach ein richtiger Eyecatcher, der sofort neugierig macht und super zur Geschichte passt. Der Klappentext und die Blurbs von Charles Yu und Jeffrey Cranor taten dann ihr übriges, und so ist das Buch recht schnell bei mir eingezogen. Und was soll ich sagen, fast dreihundert Seiten oder vielmehr acht Stunden später -ich habe überwiegend das Hörbuch gehört- ist es eines meiner Lieblingsbücher. Etwas verschroben, witzig, tragisch, fantastisch und eigen ist es vielleicht nicht für jeden was, aber auf jeden Fall ein Wandertrip, den man so schnell nicht vergisst.


BUCHDETAILS | ANZEIGE

HARDCOVER: 278 SEITEN | EINZELBAND | VERLAG: VIKING (02.08.2016) | ISBN: 978-0399563850 | VON  BRILLIANCE AUDIO GIBT ES EINE HÖRBUCHFASSUNG MIT CHRISTOPHER LANE ALS SPRECHER | MEINE BEWERTUNG: 4.5/5