Rezensionsexemplar | Eigentlich geht der junge Briefträger in Genki Kawamuras Roman Wenn alle Katzen von der Welt verschwänden nur wegen einer Erkältung mit stehenden Kopfschmerzen zum Arzt, die Diagnose stellt dann aber etwas ganz anderes fest: Er hat einen Gehirntumor und wird nicht mehr lange leben. Wie geht man mit solch einer Mitteilung um? Was stellt man mit der verbleibenden Zeit an? Und welche Dinge wären überhaupt noch wichtig, worauf könnte man verzichten?

Eine teuflische Woche
Geschichten über Krankheiten wie Krebs oder den Tod allgemein sind keine leichte Kost, und auch in den kaum zweihundert Seiten starken Roman von Kawamura steckt jede Menge drin. Als Leser begleitet man den Briefträger für eine Woche, wobei am Anfang die bittere Diagnose steht. Auf diesen ersten Schrecken folgt aber gleich ein zweiter als er nach dem Arztbesuch nach Hause kommt: Dort wartet er selbst auf sich. Der Doppelgänger stellt sich als der Teufel vor, welcher einen Handel im Gepäck hat. Der Briefträger darf weiterleben, aber für jeden weiteren Tag muss eine Sache vollends von der Welt verschwinden. Klingt zuerst simpel, entpuppt sich aber schnell als äußert schwierig… und verlangt jeden Tag aufs neue eine Entscheidung.
Von der Vergangenheit, Reflexion und Weißkohl
Wenn alle Katzen von der Welt verschwänden ist mit den Hinweis Roman versehen, wobei die Geschichte mehr in Richtung einer Parabel geht. Die Geschehnisse im Laufe der Woche halten einem den Spiegel vor und bieten Denkanstöße, angefangen mit der Frage, ob man selbst diesen Handel mit dem Teufel eingehen würde. Auch der Protagonist selbst denkt dank der Ereignisse viel über sein Leben nach, was er bereut oder vielleicht noch in Ordnung bringen sollte. So erfährt der Leser nach und nach einiges über seine Vergangenheit, wobei die Geschichte immer wieder dank skurrilen Momenten mit Humor aufgelockert wird ohne das dies unangebracht wird. Gerade den Kater Weißkohl fand ich dabei großartig, wobei auch der Teufel einige tolle Momente hat.
Die Ereignisse, die ich Ihnen hier schildere, sind mir in den letzten sieben Tagen tatsächlich zugestoßen. Es waren äußerst seltsame sieben Tage. Und ich werde bald sterben. Warum? Das erzähle ich Ihnen jetzt. | Seite 5
Es ist eine sehr ruhige, in sich gekehrte Geschichte, welche zwar schnell gelesen ist, aber noch lange im Leser nachklingt. Kawamura schafft es dabei wirklich gut seine Geschichte angemessen zu erzählen, ohne das einen zum Beispiel der Humor je aufstößt. Auch der Schluss ist fantastisch geglückt, irgendwie offen und traurig, dabei gleichzeitig froh und hoffnungsvoll. So ist es zwar eine ernste Geschichte, die man in Wenn alle Katzen von der Welt verschwänden vorfindet, jedoch zu keinem Zeitpunkt eine niederschmetternde oder erdrückende. Wenn ich einen Kritikpunkt nennen müsste, dann wäre dieser, dass die Erkenntnis, welche man zwischen den Seiten finden soll, etwas zu stark und offensichtlich durchscheint – ich glaube, da könnte man seinen Lesern mehr zutrauen. Gerade für seine Thematiken aber ein wichtiges kleines Buch, nicht nur für Katzenliebhaber!
Weitere Eindrücke zum Buch findet Ihr unter anderem bei Buchstabenstadt, It’s Vonk, Sternenbrise und Leselaunen.


