Rezensionsexemplar | Ein fürsorglicher, liebender Ehemann, gesunde Kinder, Haus mit Garten, tollen Job… Das Leben von Vivan Miller scheint auf den ersten Blick perfekt. Als Spionageabwehr-Analystin bei der CIA arbeitet sie daran, russische Schläfer und ihre Zellen ausfindig zu machen, wobei der große Durchbruch einfach nicht gelingen mag. Bei einer eigentlichen Routineanalyse passiert dann allerdings das Unglaubliche: Vivian findet das Foto ihres Mannes auf einem feindlichen Rechner.
Was tut man, wenn die Welt auf einmal Kopf steht und man dem Menschen nicht mehr trauen kann, der einem am nächsten ist? Genau mit diesem Gedankenspiel beschäftigt sich Karen Cleveland in ihrem Debüt Wahrheit gegen Wahrheit auf gut 350 Seiten. Als Leser lernen wir Vivian und Matt kennen, sehen ihren Alltag und in Rückblenden den Werdegang ihrer Beziehung, sodass der vermeintliche Verrat und die Dilemma für Vivan einem verständlich sind. Nicht nur muss die Protagonistin damit klar kommen, dass ihr Partner sie belogen hat, sondern durch ihre Arbeit ist Vivian eigentlich gezwungen Matt den Behörden auszuliefern. Nur was, wenn das Foto nicht echt ist? Wenn er seine Familie mehr liebt als seine vermeintliche Heimat? Was wiegt mehr, welche Wahrheit ist die richtige?
Nichts kann mich trösten. Alles ist leer. Und wieder überkommt mich das lähmende Gefühl, dass mir alles, was ich liebe, was mir das Wichtigste ist auf der Welt, gewaltsam entrissen wird. | Seite 176
Wahrheit gegen Wahrheit ist ein sehr ruhiger Thriller, der viel Zeit auf das Innenleben seiner Protagonistin verwendet. Vivian wiegt viel ab, lässt einige Erlebnisse oder Momente immer wieder Revue passieren, um die richtige Entscheidung für sich und die Familie zu treffen. Typisch Analystin eben. Leider wirkte sie dabei nur furchtbar naiv und leichtgläubig auf mich. Es wirkt fast, als hätte Vivian nie einen Kurs über professionelles Lügen besucht oder ihren gesunden Menschenverstand irgendwo abgegeben – sie manövriert sich in so viele unmögliche Situationen hinein, das man nur noch den Kopf schütteln kann. Da hilft es dann leider auch nicht, wenn große Teile der Handlung nach Schema F aufgebaut sind. Es gibt kaum große Überraschungen, und selbst die größte Wendung verpufft irgendwie, da man sie schon zu häufig gesehen oder gelesen hat.
Gerade für einen Thriller hat sich ein vernichtendes Gefühl beim Lesen in mir breitgemacht, nämlich die Langeweile. Klar braucht es alleine einen Augenblick bis man am Schlüsselmoment -dem Entdecken des Fotos- ankommt, aber die Handlung zog sich arg. Gepaart mit Vivians Unfähigkeit Position zu beziehen, war ich recht schnell genervt und musste mich regelrecht durch zwei Drittel des Buches zwingen, und das letzte Kapitel war dann fast ein Witz. Wahrheit gegen Wahrheit ist zwar ordentlich geschrieben und lässt keine losen Enden zurück, aber für einen Thriller taugt es nicht. Dafür hätte der Fokus doch mehr auf Ereignissen und weniger Vivians Innenleben liegen sollen – und es hätte generell mehr passieren müssen. Das ist auch der Grund, weswegen ich mich auf die geplante Verfilmung des Buches doch freue, denn in dem Medium kann ich mir das ganze viel besser vorstellen.
Weitere Eindrücke zum Buch findet Ihr bei Kerstins Kartenwerkstatt, Papier und Tintenwelten und Sätze & Schätze.
BUCHDETAILS | ANZEIGE
KLAPPENBROSCHUR: 351 SEITEN | ORIGINALTITEL: NEED TO KNOW | EINZELBAND | AUS DEM AMERIKANISCHEN ÜBERSETZT VON STEFANIE RETTERBUSH | VERLAG: btb (10.04.2018) | ISBN: 9783442716746 | BTB HAT MIR FREUNDLICHERWEISE EIN REZENSIONSEXEMPLAR ZUR VERFÜGUNG GESTELLT, WAS MEINE MEINUNG ALLERDINGS NICHT BEEINFLUSST. |MEINE BEWERTUNG: 1/5


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