Gelesen | The Shadows Between Us

Kennt Ihr das, wenn sich eine Prämisse schon fast wieder zu gut anhört? So als ob dann die tatsächlich Umsetzung einfach nur scheitern kann? Aber ihr wollt trotzdem diese Umsetzung lesen, hören, sehen? Das denke ich mir ganz häufig, wenn ich Pitches oder Prompts lese, und irgendwie passt das auch ganz gut zu The Shadows Between Us von Tricia Levenseller. Die Idee einer Protagonistin, die den König mit dem alleinigen Ziel verführen will, das er nach der Hochzeit von ihr umgebracht wird, um seine Macht an sich zu reißen – so cool! Und das sie natürlich ihn bis dahin vor Mordversuchen und Intrigen schützen muss, macht ja Sinn. Warum nur konnte diese Handlung nicht zünden?

The Shadows Between Us

Gleich in den ersten Sätzen des Buches macht Alessandra deutlich, dass mit ihr nicht gut Kirschen essen ist. Ihre erste große Liebe erdolcht sie, wenn sie sich danach Bettgefährten sucht, hat sie immer gleich Material zur Hand um sie zu erpressen und damit ihre Reputation zu schützen. Da sie als zweite Tochter immer im Schatten ihrer Schwester steht, setzt sie es sich in den Kopf eine Partie mit möglichst viel Macht- und Prestigegewinn zu machen – und siehe da, der junge König ist noch unverheiratet und frei. Perfekt! Weite Teile des Buches beschäftigen sich daher mit Alessandras Versuchen, den König für sich zu gewinnen, eine modische Trendsetterin zu sein und attraktive Männer abzuwehren. Ihre Welt ist zwar irgendwie eine generische Welt des Hochadels mit zehntausend Regeln, Alessandra ist aber überambitioniert selbstbestimmt zu sein? Und ihre teils feministischen Ansichten kommen aus dem Nichts? Jeder Charakter ist jung, schön und reich, richtige Erwachsene sucht man vergebens, ebenso wie Konsequenzen für Handlungen. Und obwohl Alessandra und ihre Freunde allesamt keine guten Menschen sind, werden sie immer mehr und mehr gut gezeichnet, was aber nicht zu ihren Charakteren passt?

Ich befürchte, dass bei The Shadows Between Us wieder zwei Probleme sich die Klinke in die Hand geben: Der Buchumfang und die gewählte Zielgruppe. Ursprünglich hatte ich mich auf einen Fantasy Einzelband gefreut, bei den knapp 336 Seiten fehlt aber einiges an Raum, um die Charaktere sich glaubhaft entwickeln zu lassen. Vor allem Alessandra vergisst ihre Ziele recht plötzlich und macht eine 180° Wendung, die nicht nachvollziehbar ist – außer man glaubt an die alles verändernde wahre Liebe. An die unsere Protagonistin ausdrücklich am Buchanfang NICHT glaubt. Ebenso gibt es einen Handlungsstrang um Alessandras erste Liebe, der immer aufkommt, nur um viel zu simpel weg erklärt zu werden. Sollte Alessandra jetzt kaltblütig sein oder nicht? Soll sie cleverer als andere sein oder nur dann, wenn es in den Plot passt? Das führt mich zu dem zweiten Problem, nämlich der Zielgruppe. Wisst Ihr, wo The Shadows Between Us gut hinpassen würde? Ins New Adult Regal.

“Waiting. Not waiting. One lover. A hundred lovers. There should be no judgement either way. A woman is not defined by what she does or doesn’t do in the bedroom.”

Alessandra mag gerne Sex -wobei wir im Buch nicht zu viel davon lesen dürfen-, und diese Tatsache ist klar formuliert. Warum nicht also für diese Zielgruppe schreiben? Ich finde es immer wieder schade, wenn es eigentlich tolle Ideen gebe, diese dann aber zu verwässert werden, nur um ins YA Genre reinzupassen. Der ganze Schattenkram wirkte ebenfalls nur wie eine Anspielung an den Darkling, um Leser des Grishaverse anzusprechen, und hatte kaum Relevanz für den Plot.

The Shadows Between Us war für zwischendurch recht unterhaltsam, aber erst, nachdem ich komplett den Kopf ausgeschaltet und keine Logik mehr versucht habe anzuwenden. Was Levenseller recht gut geschafft hat war, dass sie mit relativ wenig Beschreibungen ihre Welt skizziert und sich danach komplett ihren Charakteren zuwenden kann. Ich wünschte nur, diese Charaktere wären wirklich so manipulative, schlechte Menschen gewesen, wie es die Prämisse angedeutet hat.


BUCHDETAILS | ANZEIGE

HARDCOVER: 336 SEITEN | VERLAG: FEIWEL AND FRIENDS (25.02.2020) | ISBN:  978-1250189967 | MEINE BEWERTUNG: 3/5

Ein Gedanke zu “Gelesen | The Shadows Between Us

Hinterlasse eine Antwort zu Rückblick | Lesemonat März 2020 Antwort abbrechen

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