[Gelesen] Zeitkurier

Rezensionsexemplar | Früher war alles besser ist ein beliebter Ausspruch, der auch gut für die Ausgangssituation von Wesley Chus Zeitkurier passt: Dank Kriegen und Naturkatastrophen ist die Erde im 26. Jahrhundert wortwörtlich am Ende und die Menschheit mittlerweile zu großen Teilen im Sonnensystem verstreut. Ressourcenknappheit und Verlust von Technologien sind allerdings ein großes Problem, wofür eine etwas außergewöhnliche Lösung gefunden wird: Zeitreisen.

Nur was geschieht, wenn man die strengen Regeln für Zeitreisen bricht? Wer hat überhaupt das Recht, die Vergangenheit zu manipulieren? Und wie genau funktioniert diese Technologie überhaupt? Fragen über Fragen (und noch längst nicht alle!), die sich nicht nur den Protagonisten im Verlauf von Wesley Chus Zeitkurier stellen… aber irgendwie macht das ja auch den Reiz an Zeitreiseabenteuern aus, oder?

zeitkurier
„‚Reisen in die Vergangenheit sind auf abgeschnittene Zeitlinien beschränkt und müssen so  kurz sein, dass sich der Chronostrom im Falle von Verwerfungen wieder glätten kann'“, zitierte sie. | Seite 18
Die Vergangenheit als Füllhorn

Die Gegenwart, in der der Zeitkurier James Griffin-Mars lebt, ist wirklich nicht rosig. Das er als Zeitkurier durch seine Sprünge in die Vergangenheit zu dem erlebt, wie es einst gut um die Menschheit und Erde bestellt war, macht es natürlich nicht besser. Der Leser begleitet James bei einigen Einsätzen und erhält einen Einblick, wie die ChronoCom* arbeitet. Chus Ansatz fand ich dabei sehr spannend, denn es werden nicht wahllos Ressourcen aus der Vergangenheit geholt, sondern nur solche, die theoretisch eh verloren war und kurz vor ihrem Verlust von den Kurieren geborgen werden. Damit ist man zwar auf Unfälle, Katastrophen, etc. angewiesen, aber die „Raubzüge“ fallen nicht auf und verändern den Lauf der Geschichte. Klingt vielleicht konfus, aber Chu erläutert das sehr schlüssig und glaubhaft. Einziges Manko? Je mehr man solche Vorfälle in der Vergangenheit ausnutzt, desto weniger verbleiben für weitere Sprünge…

*die Organisation, die die Zeitreisen koordiniert und kontrolliert und Zeitkuriere bzw. Chronauten ausbildet

Taten und ihre Konsequenzen

Damit der Lauf der Geschichte nicht beeinflusst wird, unterliegen die Zeitkuriere festen Regeln. Es kommt aber, wie es kommen muss: Bei einem Sprung, der eigentlich sein letzter hätte sein sollen, bricht James die elementarste aller Regeln: Er rettet eine Person und bringt sie mit in die Gegenwart. Das hat natürlich Konsequenzen, und die Geschichte folgt nach diesem Ereignis teils James und seinen Verbündeten auf ihrer Flucht, teils der ChronoCom, die versucht, diese Tat ungeschehen zu machen.

Chu gelingt es wunderbar, die Gegenwart dem Leser präsent zu machen, ohne dass über große Passagen Charaktere Geschichtsstunden geben. Vieles steckt zwischen den Zeilen und den Dialogen, und ich fand es toll, dass Chu dem Leser auch zutraut seine eigenen Schlüssel zu ziehen. Gerade der Aufbau der ChronoCom, über den man im Laufe des Buches immer wieder Bruchstücke erfährt, zeigt, dass hier pragmatisch erstmal nur an die Gegenwart und kaum an die Zukunft oder die Mitarbeiter gedacht wird – was wiederum ganz eigene Konsequenzen auf den Plan ruft.

wibbily wobbly timey wimey

Wenn man es herunter bricht, dann ist die Handlung von Zeitkurier relativ simpel und deckt viele Punkte ab, die häufig in Zeitreisegeschichten Thema sind. Gefühlt macht Chu dabei aber alles richtig, sodass ich nur so durch die Seiten geflogen bin. Häufig werden Dinge angedeutet, die erst hunderte Seiten später wieder aufgegriffen werden, und ich denke, dass man bei einem zweiten Lesen noch viel mehr in der Richtung entdecken kann. Ein ums andere Mal hat die Handlung mich völlig überrascht und ich mochte die Charaktere in diesem Buch unglaublich gerne, allen voran Levin. Chu hat da seit seinem Erstlingswerk wirklich einiges dazu gelernt und ich bin sehr gespannt darauf, wie es im nächsten Band weitergeht!

Vielen Dank an Heyne für das Rezensionsexemplar!

Weitere Eindrücke zum Buch findet ihr bei Geschichtentaucher, Neue Abenteuer und German Bookish Blog


BUCHDETAILS | ANZEIGE

Verlag: Heyne
Übersetzer: Jürgen Langowski
ISBN: 9783453317338
Erscheinungsdatum: 14.08.2017
Bewertung: 5/5

Bücher, Bücher! Neuzugänge im August 2017

Wenn ich nicht bereits wüsste, dass es im September wieder ausarten wird (hallo ihr Vorbestellungen!), wäre ich ja direkt glücklich wie klein und kontrolliert die Neuzugänge im August ausgefallen sind. Zehn Bücher sind eingezogen, davon kamen zwei in Buchboxen, eins als Wichtelgeschenk, fünf als Rezensionsexemplar und zwei habe ich mir selbst bestellt… und gelesen sind bereits drei Stück. Da hatte ich wirklich schon Monate, die viel abstruser aussahen. Ist aber auch besser so, denn irgendwann sind meine Regale mal voll und es dauert noch, bis ich neue kaufen kann.

haul-aug2017-2Walter Moers: Die Stadt der Träumenden Bücher / Wesley Chu: Zeitkurier / Sue-Ellen Pashley: Am Abgrund des Himmels / Emilie Autumn: The Asylum for Wayward Victorian Girls / Jacquelyn Middleton: London Belongs to Me / Scott Reintgen: Nyxia / B.C. Schiller: Targa – Der Moment, bevor du stirbst / J. M. Barrie: Peter Pan / Stefanie Haase: Schicksalsbringer / Alyson Noël: Die Nacht gehört dir

“Books are the perfect entertainment: no commercials, no batteries, hours of enjoyment for each dollar spent. What I wonder is why everybody doesn’t carry a book around for those inevitable dead spots in life.”
― Stephen King

[Rückblick] Juli 2017

Der Juli war ein recht anstrengender Monat und umso überraschter bin ich, dass ich doch so viel gelesen habe. Wobei die Qualität die ganz das wahre war… aber das steht auf einem anderen Blatt. Die Rebellin und Die Leben des Tao konnten mich beide nicht wirklich überzeugen, sodass ich die beiden Bücher nach dem Beenden wieder aussortiert habe. The Argonauts hatte ich Gott sei Dank nur als Wanderbuch da, denn wirklich verstanden habe ich einen Großteil des Buches einfach nicht.

Höhepunkt: The Refrigerator Monologues
Tiefpunkt: The Argonauts
Hörbuch:
ES
Gelesene Seiten: ca. 4.014
Ø Bewertung: 2,86 / 5 

Bei der Comiclektüre gab es im Juli auch zwei extreme: Der zweite Sammelband zu Monstress hat mich wieder komplett begeistert, während der fünfte Sammelband zu The Wicked + the Divine fast… überflüssig war. Die Handlung wurde kaum vorangebracht und ich frage mich, wo die Reihe eigentlich hin möchte.

rb-jul2017
Zusammensetzung: 11 Printbücher; 1 Rezensionsexemplar; 2 Comics; 1 Hörbuch

Meine Höhepunkte diesen Monat waren ganz klar The Refrigerator Monologues sowie Terror. Letzteres möchte ich auch noch mal unbedingt live im Theater erleben! Bei Fathers and Children hatte ich mich terminlich dann doch gegen den Theaterbesuch entschieden, was jetzt auch nicht zu schade ist – das Buch konnte mich nicht wirklich begeistern.

Alle verschlungenen Titel des Monats:
Kieron Gillen; Jamie McKelvie: The Wicked + The Divine, Vol. 5: Imperial Phase I Bewertung: 2/5
Catherynne M. Valente; Annie Wu: The Refrigerator Monologues Bewertung: 5/5 | Gastrezension bei Captain Books [x]
Samantha Jayne: Quarter Life Poetry: Warum meine Freunde Kinder bekommen & bei mir nicht mal ein Kaktus überlebt Bewertung: 3/5 | Blogbeitrag [x]
Wesley Chu: Die Leben des Tao Bewertung: 2/5 | Eindruck [x]
Morgan Matson: Since You’ve Been Gone Bewertung: 4/5 | Blogbeitrag [x]
Ivan Turgenev: Fathers and Children Bewertung: 2/5
Marci Lyn Curtis: Alles, was ich sehe Bewertung: 4/5
Maggie Nelson: The Argonauts Bewertung: 1/5
Marjorie M. Liu; Sana Takeda: Monstress, Vol. 2: The Blood Bewertung: 5/5
Cora Carmack: Die Rebellin Bewertung: 2/5
Ferdinand von Schirach: Terror: Ein Theaterstück und eine Rede Bewertung: 5/5
Stephen King: ES Bewertung: 2/5
Adele Griffin: The Unfinished Life of Addison Stone Bewertung: 3/5
Carlos Ruiz Zafón: The Angel’s Game Bewertung: 2/5
• Ken Kesey: One Flew Over the Cuckoo’s Nest Bewertung: 3/5

“Just slip on something black and low-cut, carve yourself the biggest goddamn slice of whatever cake they said you couldn’t have, and be a VILLAIN for a night! Come on. You know they deserve it. You know they ALL deserve it. What’s the use of all that rage you got if you don’t take it out for spin?”
― Catherynne M. Valente: The Refrigerator Monologues