Von Wechselbälgern, düsteren Wäldern und sechs Seiten einer Geschichte

Mein Hunger nach Geschichten ist riesig. Wenn meine Nase nicht zwischen den Buchseiten steckt, dann höre ich Hörbücher/-spiele oder Podcasts. Und was könnte da besser sein als eine Kombination aus allen vier Elementen?! Genau das findet sich in der Six Stories Reihe von Matt Wesolowski, die bisher aus den Büchern Six Stories, Hydra und Changeling besteht. Über Six Stories habe ich in einem eigenen Beitrag bereits geschwärmt, während es zu Hydra einen Eindruck gibt – Zeit also für den dritten Titel um den Journalisten Scott King!

Changeling

Was ist Six Stories?

Jedes Buch in dieser Reihe ist eigenständig und kann unabhängig von den anderen Teilen gelesen werden, der Aufbau ist aber immer der gleiche: Je Buch liest man quasi eine Staffel des Podcasts Six Stories, produziert von Scott King, welcher als Interviewer und Journalist durch den Podcast führt. In jeder Staffel betrachtet King einen ungeklärten Kriminalfall in Großbritannien anhand von sechs Episoden aka Geschichten, die in den Fall involvierte Personen ihm im Interview erzählen. Dabei ist der Zusammenhang nicht immer sofort erkennbar, aber zum Ende fügt sich alles Schritt für Schritt zusammen. Kings Ansatz ist dabei aber nicht seinem Zuhörer seine Interpretation der Vorkommnisse aufzuzwingen, sondern nach Darlegung der Fakten sollen eigene Schlüsse gezogen werden:

Welcome to Six Stories. I’m Scott King. In the next six weeks, we will be looking back at the Scarclaw Fell tragedy of 1996. We’ll be doing so from six different perspectives; seeing the events that unfolded through six pairs of eyes. Then, as always, it’s up to you. | aus Six Stories, Seite 7-8

Der Fall des Anstoßes

Changeling ist die dritte Episode* von Six Stories, welche ebenfalls wieder für sich steht, wobei Matt Wesolowski in ein paar Nebensätzen hier und da Ereignisse aus Six Stories und Hydra andeutet. Diese Staffel dreht sich um den Fall von Alfie Marsden, einen sieben Jahre alten Jungen, der am Weihnachtsabend 1988 in der Nähe eines Waldes spurlos verschwindet. 1995 wird er für tot erklärt, obwohl seine Überreste nie entdeckt werden. Was ist mit Alfie Marsden geschehen? Stimmen die Gerüchte um Wentshire Forest, dass es dort nicht mit rechten Dingen zugeht? Was hat es mit dem ominösen Klopfen auf sich, weswegen Alfies Vater eine Rast mit dem Auto an diesem Ort gemacht hat und das eine Baustelle in der Nähe heimsuchte? Wieso hat sich Alfies Mutter nie so wirklich an der Suche nach ihrem Sohn beteiligt? Und sind die einfachsten Antworten immer die nächstliegendsten? Oder lediglich bequem?

*Fragt mich nicht, warum es auf den Büchern als Episoden bezeichnet wird, wenn’s doch eigentlich Staffeln sind… macht das ganze überhaupt nicht verwirrend oder so.

Gewaltspiralen und wahre Monster

Wie immer bei Thrillern kann man nicht zu sehr ins Detail gehen, um nichts vorwegzunehmen, aber ich schätze diese Reihe und gerade Changeling sehr dafür, welche Themen Wesolowski mit einwebt. Denn hinter den Fällen mit ihren teils übernatürlichen Komponenten kommen immer schnell reale Themen direkt aus dem normalen Leben zu Tage, die dafür sorgen, dass man einiges mitnimmt bzw. auf bestimmte Dinge aufmerksam gemacht wird. Man versteht dadurch zum Beispiel viel besser, warum Menschen in bestimmte Situationen geraten oder sich aus eben solchen nicht ohne weiteres befreien können – und vor allem Changeling zeigt das echt gut! Einige der Personen, mit denen King spricht, befinden sich in einer Gewaltspirale, aus der es kein Entkommen zu geben scheint, und ihr Monster ist kein metaphorisches, sondern eines, welches mit am Küchentisch sitzt und über das viel zu selten gesprochen wird.

Despite our interview being over the phone I feel myself drawn to him when he speaks. I hang on his every word. Despite everything. But I know that this is a skill he has spent years perfecting. I wonder whether it’s conscious, what he’s doing. Is he aware of his inflection, his power? Or is it instinctive, like a snake waiting to pounce? | aus Changeling, Seite 176

Waren die Auflösungen in Six Stories und Hydra immer so angelegt, dass sich alles erst  zum Schluss offenbart, so weiß man bei Changeling doch ab gut der Hälfte bereits, was geschehen ist und mag die Charaktere an einigen Stellen regelrecht schütteln oder warnen. In diesem Band ist der Weg der Charaktere zu der gleichen Erkenntnis das eigentliche Ziel, und spätestens bei der allerletzten Geschichte lässt einen die Gänsehaut nicht mehr los. Es hätte etwas poetisches, würde es am Ende in dieser Reihe sechs Bücher geben, aber ganz ehrlich? Als Trilogie rund um Scott King wäre Changeling bereits das perfekte Finale.


Weitere Eindrücke zum Buch findet Ihr bei The Shelf of Unread BooksBeverley Has Read und Passages to the Past.


BUCHDETAILS | ANZEIGE

TASCHENBUCH: 352 SEITEN | DRITTES BUCH IN DER REIHE SIX STORIES, WELCHES ABER AUCH ALS EINZELBAND LESBAR IST | VERLAG: ORENDA BOOKS (15.01.2019) | ISBN: 978-1912374571  | ZU DEM BUCH IST AUCH EIN HÖRBUCH MIT FULL CAST ERSCHIENEN | MEINE BEWERTUNG: 5/5

2 Gedanken zu “Von Wechselbälgern, düsteren Wäldern und sechs Seiten einer Geschichte

  1. Huhu! :)
    Uiii nun hast du mich aber wirklich sehr neugierig gemacht! Das Konzept dieser Reihe klingt außergewöhnlich und drängt mich direkt zum nächsten Buchkauf. Vielen Dank dafür!

    Liebe Grüße!
    Gabriela

    • Ich kann sie dir wirklich nur empfehlen, Gabriela! Vor allem auch die Hörbücher – es fehlt eigentlich nur ein Jingle, und es hört sich wirklich wie ein Podcast an.

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