Popsugar Reading Challenge 2015 – eine Auswertung

2015 klingt erst in ein paar Stunden aus, meine große Leseherausforderung für dieses Jahr ist allerdings schon beendet: Die Popsugar Reading Challenge 2015 war mit 52 Titeln wirklich eine Herausforderung! Die Auflistung im einzelnen würde den Rahmen etwas sprengen, aber alle meine gelesenen Bücher findet ihr sich samt Wertung hier.

popsugarreadingchallenge-15.jpg

Popsugar hat eigentlich sehr interessante Aufgaben zusammengestellt, damit man auch mal andere Genres lesen muss. Meine liebsten Aufgaben waren a book that scares you und a book set somewhere you’ve always wanted to visit, bei anderen wie a book with antonyms in the title oder a book written by an author with your same initials musste ich sehr lange überlegen und nach Titeln suchen. Zu großen Teilen habe ich trotzdem Titel gelesen, die sowieso schon auf meiner Leseliste standen oder die durch Freunde beziehungsweise das Traveling Book Project zu mir kamen… ich muss auch gestehen, dass ich  zwischenzeitlich die Herausforderung auch fast vergessen habe – einfach weil die Bücher in mein normales Schema gefallen sind.

Was die Leseherausforderung wirklich positives für mich erreicht hat, ist, dass die Hemmschwelle für dicke Wälzer gesenkt wurde. Obwohl sie eigentlich kein Problem für mich darstellen sollten, schreckt mich eine Seitenzahl über 400 immer ab, und meistens nehme ich die Bücher in der Buchhandlung gar nicht erst in die Hand, wenn sie so dick sind… mit Wolf Hall, Lair of Dreams und White Space hat sich diese Scheu aber gebessert, und mein liebstes Buch dieses Jahr ist tatsächlich 1Q84 mit 925 Seiten. Dank diesem Buch habe ich Haruki Murakami generell als Autor für mich entdeckt, und lese mich jetzt langsam durch all seine Titel.

Würde ich die Herausforderung rückblickend noch mal machen wollen? Eher nicht. Umgerechnet ein Buch pro Woche ist zwar machbar, aber wirklich Spaß gemacht hat sie mir einfach nicht… entweder waren die Titel wirklich sehr gut oder sehr schlecht, und ohne die Herausforderung dahinter hätte ich vieles vorzeitig abgebrochen (Siddhartha zum Beispiel war absolut kein Buch für mich).

Trivia zum Schluss: Die Bücher aus der Herausforderung haben gut 21 Prozent meiner gelesenen Titel in diesem Jahr ausgemacht.


Für 2016 ist die Aufgabenauswahl etwas spannender, auch wenn sich einige Aufgaben aus dem Vorjahr auch wieder auf der Liste finden. Falls ihr Interesse an dieser Leseherausforderung habt, findet ihr sie hier. Einige andere Leseherausforderungen neben der von Popsugar für 2016 habe ich hier vorgestellt.

[Gelesen] Speak Easy

speakeasy

a book by a female author
Catherynne M. Valente – Speak Easy

Valente ist eine meiner liebsten Autorinnen, und dieses Jahr gibt es drei Neuerscheinungen bzw. Neuauflagen von ihr zu lesen: RadianceSix-Gun Snow White und Speak Easy. Letzteres ist Ende August erschienen und nach einiger Verzögerung beim Versand bei mir eingetroffen.

Speak Easy ist kein vollständiger Roman sondern eine Novelle, die das Märchen der zwölf tanzenden Prinzessinnen ins New York der 1920er Jahre verlegt und neu erfindet. Der Hauptschauplatz ist dabei das Artemisia:

„If you go looking for it, just about halfway uptown and halfway downtown, there’s this hotel stuck like a pin all the way through the world. Down inside the Artemisia it’s this mortal coil all over. Earthly delights on every floor.“

Im Prinzip handelt es sich beim Artemisia um ein Hotel, in welches die Charaktere für längere Zeit einchecken bzw. einziehen; das Hotel versorgt sich quasi selbst und niemand scheint je zu gehen. Die Kapitel sind nach den Zimmern benannt, in welchen die Handlung gerade spielt, und man lernt so die unterschiedlichsten Bereiche im Hotel und die fantastischen Charaktere kennen. Es ist immer irgendwo eine Party im Gange, über das hausinterne Leitungssystem können Nachrichten und Kleinode ausgetauscht werden, der Alkohol fließt trotz Prohibition in Strömen, Pelikane verlieben sich in Mädchen und mysteriöse Türen erscheinen im Kleiderschrank… teilweise liest es sich wie ein Traum, und Valente spielt wie eh und je gekonnt mit Wörtern und Phrasen.

„She’s got a man’s nightshirt on and stockings with holes in them. Somebody else’s tie, a gold and green chevroned number, hangs around her neck and just at this moment it looks like a king’s mantle draped over her shoulders. Her hair’s all loose, her lipstick and eyeliner gone a-roving. She’s got a cigar in one hand and a jar full of gin in the other, and she’s laughing, laughing like for once that damned chicken crossed the road for something really good.”

Wir lernen einige Charaktere kennen, aber Frankie Key und Zelda Fair sind die beiden Hauptcharaktere. Frankie, der im Artemisia arbeitet und nebenbei Detektivgeschichten schreibt bis er endlich die Worte für das Jahrhundertwerk gefunden hat, greift dabei auf F. Scott Fitzgerald zurück, während es sich bei dem It-Girl Zelda, welches jede Woche eine andere Fähigkeit erlernen möchte bis es sein wahres Talent gefunden hat, um eine Anlehnung an Zelda Fitzgerald handelt. Es hilft, wenn man zumindest grob etwas über die Beziehung und Leben des tatsächlichen Paares weiß, um einige Anspielungen zu verstehen – gerade das Ende dürfte einen sonst sehr verwirren. Da dieses Paar immer automatisch mit dem Jazz Age in Verbindung gesetzt wird, ist die Umsetzung hier interessant und durchaus kritisch… aber Speak Easy leidet ein wenig unter seiner Kürze. In 144 Seiten muss Valente sich sehr beschränken, und zum Beispiel Zelda’s Mitbewohnerinnen Olive Bay, Opal Lunet und Oleander Coy bleiben flach und wirken fast überflüssig.

Für einen kurzen Ausflug in die Zwanziger Jahre des letzten Jahrhunderts eignet sich die Novelle wundervoll. Ich habe beim Lesen verschiedene Mixtapes mit jazziger Musik laufen lassen, was den Effekt nur noch verstärkt hat. Die Grundhandlung ist relativ simpel: Einige Bewohner des Hotels verschwinden, und Frankie erhält vom Hotelbesitzer den Auftrag diese wiederzufinden. Es wäre interessant gewesen, was Frankie bei einem ganzen Buch in den Weg gelegt worden wäre, aber auch so gibt es einiges zu überwinden und das Ende ist bittersüß und zufriedenstellend.

Momentan ist Speak Easy nur als gebundene Ausgabe erhältlich und sehr kostspielig. Wenn man noch nichts von Valente gelesen hat, sollte man auf jeden Fall vorher in die Leseprobe auf Subterranean Press hineinlesen! Ob der Preis gerechtfertigt ist, ist so die Frage… die gebundene Ausgabe ist signiert und auf 1250 Exemplare limitiert, und bei der Auflagenhöhe und Aufmachung lässt sich wahrscheinlich nicht viel am Preis machen. Trotzdem lässt einen der Preis von gut 40 Dollar im ersten Moment schlucken, und es ganz klar ein Liebhaberstück. Eine Taschenbuch bzw. eBook Veröffentlichung zu einem späteren Zeitpunkt wäre definitiv wünschenswert!


BUCHDETAILS | ANZEIGE

Verlag: Subterranean Press
ISBN:  9781596067271
Erscheinungsdatum: 31.08.2015
Rating: 5/5

[Gelesen] Sommer in Lesmona

Sommer in Lesmona

a book that takes place in your hometown
Marga Berck – Sommer in Lesmona

„Liebe, einzige Bertha“ – so beginnt eine Vielzahl der Briefe, die Marga zwischen 1893 und 1896 an ihre beste Freundin schreibt. Sie berichtet der Freundin von ihrer Gefühlswelt, Reisen und Verwandtenbesuchen. Kernstück der Briefe und des schmalen Bandes wird dabei schnell der „Sommer in Lesmona“ und seine Folgen.

 Im Prinzip lässt sich der Inhalt des Buches kurz und bündig zusammenfassen:

Mädchen aus gutem Hause verliebt sich Ende des 19. Jahrhunderts in den Falschen, und geht am Ende doch eine Vernunftbeziehung ein.

Im Knoops Park in Bremen findet jeden Sommer mittlerweile ein Open-Air-Festival mit demselben Namen statt, welches an die Geschichte von Marga anknüpft – trotzdem hatte mich das Buch bisher nicht gereizt. Eine gute Freundin hat es mir schließlich vor einigen Wochen mitgegeben, da sie das Buch liebt, und ich bin ihr sehr dankbar dafür. Die Briefe sind am Anfang verwirrend mit all den Namen und es braucht seine Zeit, um in die Geschehnisse einzutauchen. Ab dem Zeitpunkt, wo Marga in Lesmona ankommt, mochte ich das Buch aber nicht mehr weglegen. Da es bis kurz vor Ende keine Briefe von anderen gibt, fühlt es sich teilweise so an, als ob Marga die Briefe fast für einen selbst schreibt und durch ihre lebendige Sprache erlebt man das Gefühlschaos direkt mit. Von der Beziehung, die nicht sein kann, stolpert Marga unbeabsichtigt direkt eine Verlobung, die zwar eine standesgemäße Heirat verspricht, aber ohne Gefühl. Immer wieder begegnet sie Percy und ist zwischen den Männern hin- und hergerissen. Die Art, wie das Buch endet, ist unvorhersehbar, tieftraurig und trotzdem absolut perfekt.

Laut dem Nachwort soll es sich um authentische Briefe handeln, nur Namen seien geändert; Marga Berck ist dabei das Pseudonym für Magdalene Pauli. Es wird zwar mittlerweile davon ausgegangen, dass Pauli die Briefe vor der Publikation überarbeitet hat, aber das tut der Geschichte an sich keinen Abbruch. Wer sich tiefgehender damit beschäftigen will, dem sei „Das Lesmona-Projekt“ der Uni Bielefeld nur empfohlen!

Sommer in Lesmona ist eine bittersüße Liebesgeschichte, die sich leicht und schnell lesen lässt – aber noch einige Zeit nachwirkt.

rating: 4/5


BUCHDETAILS | ANZEIGE

Verlag: Rowohlt Taschenbuch
ISBN:  9783499118180
Erscheinungsdatum: 01.10.1997