[Gelesen] Wer war Alice

Je länger ich darüber nachdenke, desto faszinierter bin ich von Wer war Alice. Die Geschichte entfaltet sich nur über Dokumente wie Briefe, Mails, Tweets, Forenbeiträge, etc. und wird von der Titelfrage beherrscht: Wer war Alice, diese Frau, die im Fluss ertrank? Hat sie den Tod selbst gewählt, war es ein tragischer Unfall oder war es vielleicht sogar Mord? Alice lernt man dabei nur durch ihr Umfeld und alte Tagebucheinträge kennen, und es steht dadurch natürlich die Frage im Raum, wie weit das die tatsächliche Person wiedergibt.

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„Mein Name ist Alice Salmon. Fünf von ungefähr tausend Wörtern. Ich hoffe, ich bin mehr als zweihundertmal fünf Wörter. Vielleicht noch nicht jetzt, aber hoffentlich eines Tages.“ – S. 13
Ein Projekt aus tausend Teilen

Schon auf den ersten Seiten erfährt der Leser von Alice Salmons Tod. Von diesem Ereignis werden eine ganze Reihe ihrer Mitmenschen betroffen und ein Professor ihrer alten Universität nimmt dies als Anlass zu einem Projekt: Anhand ihres digitalen Fußabdrucks sowie Gesprächen mit Freunden und Verwandten will er die Person Alice wieder zusammensetzen und rekonstruieren, was in ihren letzten Stunden geschah. Das stößt natürlich bei den Hinterbliebenen nicht auf ungeteilte Freude und hat etwas voyeuristisches -auch für den Leser- an sich. Obwohl man dabei schon weiß, wie Alice‘ Schicksal aussieht, entwickelt T.R. Richmond einen Sog, der einen schnell durch die Seiten fliegen lässt. Keiner der Charakter war mir sympathisch, aber man will einfach immer mehr zum Davor und Danach erfahren und wie alles zusammenhängt.

Möglichkeiten, aber keine Antworten

Ich fand es vor allem sehr spannend, wie sich T.R. Richmond in Wer war Alice dem Thema des digitalen (Nach-)Leben der Hauptfigur widmet. Salmon gehört mit zu der ersten Generation, deren Leben durch die sozialen Netzwerke erweitert wird – und diese Inhalte verschwinden nicht automatisch mit dem Tod einer Person. Der Leser muss genauso wie Professor Cooke versuchen zwischen Gerüchten und Halbwahrheiten zu unterscheiden und sich auch bei Inhalten direkt von Alice immer darüber im klaren bleiben, dass diese mit bestimmten Intentionen ins Netz gestellt wurden. An diesem Punkt schwächelt Wer war Alice ein wenig, denn teilweise verläuft sich das Buch zwischen dieser Rekonstruktion und den Möglichkeiten Geschehnissen an Alice‘ letztem Tag.

Was ist wahr?

Neben den Erkenntnissen aus Gesprächen mit ihren Mitmenschen, Mails und öffentlichen Internetbeiträgen ergänzt Richmond die Geschichte mit Tagebucheinträgen von Alice. Rückblickend hätte ich es besser gefunden, wenn es diese nicht gegeben hätte, da sie sehr unrealistisch wirken. Ein Tagebuch schreibt man nicht für die Öffentlichkeit und sich selbst braucht man manche Dinge wie Personen einfach nicht erklären. Außerdem wäre Alice dadurch noch ein größeres Enigma für den Leser gewesen… dafür hätte lieber ein anderer Charakter mehr Raum bekommen, der für den Schluss sehr wichtig ist. Denn auf den letzten paar Seiten geht alles auf einmal sehr plötzlich und ohne wirkliche Hinweise im Vorfeld.

Mir hat Wer war Alice Spaß gemacht, nicht zuletzt, weil immer wieder Theorien aufkamen, was vielleicht geschehen sein könnte und Richmond den Leser nicht zu sehr in bestimmte Bahnen lenkt. Allerdings vergisst das Buch zwischendrin immer mal wieder, wo es eigentlich hin möchte, und bei manchen Szenen habe ich das Gefühl, dass sie erst beim zweiten Lesen ihre volle Wirkung entfalten.


BUCHDETAILS | ANZEIGE

Verlag: Goldmann
Übersetzer: Charlotte Breuer; Norbert Möllemann
ISBN: 9783442205080
Erscheinungsdatum: 29.02.2016
Rating: 3/5

[Rückblick] Mai 2017

Dank Comics und einigen Büchern, die ich schon vor dem Mai begonnen hatte, sieht der Monat im Rückblick wesentlich besser aus als erwartet. Es sind eine ganze Menge neuer Comics zu Assassin’s Creed diesen Monat bei mir eingezogen, über die ich mich sehr gefreut habe, aber auch The Outsiders und Herr der Fliegen waren einfach klasse! Geständnisse hat mich sehr überrascht, dazu gibt es aber nächste Woche noch einen eigenen Beitrag. Ein weiterer Höhepunkt war Ich bin Princess X, eine Geschichte, in der ein Webcomic eine besondere Rolle spielt und auch immer wieder Seiten aus diesem abgebildet sind. Zwar eher eine Geschichte für Jüngere, aber der Zeichenstil war wunderschön.

Höhepunkt: Herr der Fliegen
Tiefpunkt: When We Collided
Gelesene Seiten: ca. 4.487
Ø Bewertung: 3,26 / 5

Die restlichen Bücher waren okay, aber leider auch nicht mehr. Caught in the Revolution blieb sehr, sehr einseitig und ich konnte nicht allzu viele neue Erkenntnisse daraus ziehen. The Crown’s Game war absolut vorhersehbar und langweilig, ebenso wenig konnte ich groß etwas mit The Voyage of the Dawn Treader anfangen. Das dürfte auch mein letzter Versuch mit den Narniabüchern gewesen sein. Mein erstes Buch von Brandon Sanderson war okay, aber die Begeisterung für diesen Autoren ist noch nicht übergeschwappt. Und bei Des Teufels Gebetbuch weiß ich einfach nicht, ob ich einen doofen Zeitpunkt zum Lesen erwischt habe oder es einfach nicht meins ist. Hoffen wir mal, dass der Juni wieder etwas ausgewogener wird!

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Zusammensetzung: 10 Printbücher; 2 Rezensionsexemplar; 3 Comic

Alle verschlungenen Titel des Monats:
S.E. Hinton: The Outsiders Bewertung: 5/5 | Video [x]
Emery Lord: When We Collided abgebrochen– | Blogbeitrag [x]
T.R. Richmond: Wer war Alice Bewertung: 3/5 | Video [x]
• Éric Corbeyran; Djillali Defali: Assassin’s Creed: Ankh of Isis Trilogy Bewertung: 4/5
• Éric Corbeyran; Djillali Defali: Assassin’s Creed: The Hawk Trilogy Bewertung: 4/5
• Ian Edginton; Caspar Wijngaard; Triona Farrell: Assassin’s Creed: Locus Bewertung: 4/5
William Golding: Herr der Fliegen Bewertung: 5/5 | Video [x] | Blogbeitrag [x]
Markus Heitz: Des Teufels Gebetbuch Bewertung: 3/5
JP Delaney: The Girl Before Bewertung: 3/5 | Blogbeitrag [x]
Helen Rappaport: Caught in the Revolution Bewertung: 3/5
C.S. Lewis: The Voyage of the Dawn Treader Bewertung: 2/5
Kanae Minato: Geständnisse Bewertung: 4/5
Brandon Sanderson: The Reckoners Bewertung: 3/5
Cherie Priest: Ich bin Princess X Bewertung: 4/5
Evelyn Skye: The Crown’s Game Bewertung: 2/5

“It seemed funny to me that the sunset she saw from her patio and the one I saw from the back steps was the same one. Maybe the two different worlds we lived in weren’t so different. We saw the same sunset.”
S.E. Hinton: The Outsiders

Bücher, Bücher! Neuzugänge im April

Wäre ich ein Niffler, wären Bücher meine Goldmünzen. Oder so ähnlich. Ich verräume Neuzugänge aber auch immer gleich in die Regale und merke eigentlich erst, wie viele es tatsächlich über den Monat geworden sind, wenn ich sie für diesen Beitrag wieder heraussuche. Neuer Plan deshalb: Neue Bücher erstmal auf einem Tischen stapeln und am Ende des Monats einräumen. Vielleicht hilft es ja, damit es nicht wieder so aus dem Ruder läuft?

Zu den Gründen, warum genau jedes einzelne der Bücher im April einziehen durften, spreche ich h i e r eine gute halbe Stunde.

haul-apr17Sarah Ahiers: Assassin’s Heart / Chantal Thomas: Leb wohl, Königin! /  Rodger Watson; Helen Rappaport: Capturing the Light: The Birth of Photography, a True Story of Genius and Rivalry / S.E. Hinton: The Outsiders Peter Clines: Der Raum JP Delaney: The Girl Before / T.R. Richmond: Wer war Alice / Cherie Priest: Ich bin Princess X / Rainbow Rowell: Carry On / Charlie Human: Apocalypse Now Now. Schatten über Cape Town / Mira Grant: Parasite / Philip K. Dick: The Man in the High Castle / Steven Rowley: Lily und der Oktopus / Brian K. Vaughan; Fiona Staples: Saga, Vol. 7 / Elena Favilli; Francesca Cavallo: Good Night Stories for Rebel Girls / Charlie Jane Anders: Alle Vögel unter dem Himmel / Hilary Mantel: A Place of Greater Safety / Sarah Porter: Vassa in the Night / Sylvain Neuvel: Waking Gods / Laini Taylor: Strange the Dreamer / Julie Murphy: Dumplin‘ / Nina LaCour: We Are Okay / Mackenzi Lee: Cavaliersreise / William Golding: Herr der Fliegen

“What kind of life can you have in a house without books?”
Sherman AlexieFlight